Schon früh hatte sie Verbindungen zum Roten Kreuz und nach einer beruflichen Station bei Würth nun die Rückkehr zum Roten Kreuz in Bad Mergentheim. Dort hat Anna Deister einiges vor.
Bad Mergentheim. Eines wird direkt zu Beginn deutlich: Anna Deister versteht sich nicht als Solistin. Der Teamgedanke ist ihr wichtig, sie will sich nicht alleine als Geschäftsführerin in den Mittelpunkt drängen.
Seit Januar hat sie offiziell die Geschäftsführung von Klaus Eckel übernommen, der sich nach 29 Jahren beim DRK-Kreisverband Bad Mergentheim in den Ruhestand verabschiedete. Viele neue Eindrücke galt es anfangs zu verarbeiten, bevor nun die Arbeit für die neue Geschäftsführerin so richtig losgehen kann. Über ihre Zukunftspläne mit dem Kreisverband haben die FN mit ihr gesprochen.
Frau Deister, seit 1. Januar sind Sie nun offiziell im Amt und haben schon einige Eindrücke sammeln können. Wie würden Sie den Kreisverband Bad Mergentheim charakterisieren?
Anna Deister: Ich habe einen wirklich tollen, familiären Kreisverband übernommen und fühle mich wie Zuhause. Diesen Gedanken will ich auch den Mitarbeitern vermitteln.
Wo steht der Kreisverband Bad Mergentheim aktuell?
Deister: Er steht in den Startlöchern, man merkt eine deutliche Aufbruchsstimmung und sehr starke Motivation der Mitarbeiter, die auch selbstständig eigene Ideen einbringen. Das will ich natürlich unterstützen.
Was waren Ihre ersten Schritte als neue Geschäftsführerin?
Deister: Ziel ist es, den Kreisverband noch bekannter zu machen. Zu Beginn habe ich erstmal viele Kontakte geknüpft. Zu Unternehmen, vor allem aber auch zu den Ehrenamtlichen in den Ortsverbänden. Die Zusammenarbeit mit dem Ehrenamt muss gefördert werden. Dieses hat durch Corona sehr gelitten, es fehlt außerdem an Nachwuchs. Hier müssen wir jetzt wieder neue Ehrenamtliche dazugewinnen, auch um zukünftig neue und innovative Projekte verwirklichen zu können.
Können Sie hierfür konkrete Beispiele nennen?
Deister: Wir haben Kontakt zu einem Händler aus dem Raum Hassfurt, der uns bereits mehrere Paletten mit Retouren von Sportbekleidung gespendet hat. Das war sehr gute, oft neuwertige Ware. Diese haben wir an Bedürftige verteilt, auch in Kooperation mit dem Arbeitskreis Asyl. Eine Kooperation mit einem Fahrradhändler ermöglichte es auch, Fahrradgutscheine an Geflüchtete zu verteilen, die so besser zur Arbeit kommen oder auch eine willkommene Abwechslung für die Freizeit haben. Ein weiteres Projekt ist spontan entstanden: Die Feuerwehr Bad Mergentheim meldete sich bei uns, um uns zu informieren, dass sie für einen Tag der offenen Tür Straßensperrungen planen. Da haben wir uns spontan mit eingebracht und werden nun am 8. Juli zusammen mit der Feuerwehr und dem THW erstmals den „Tag der Sicherheit“ durchführen, wo zahlreiche spannende Einblicke in Form von unterschiedlichen Schauübungen geplant sind.
In Lauda-Königshofen wird ein neuer Rettungsstandort in Betrieb genommen. Sind im Bereich Ihres Kreisverbandes ebenfalls neue Standorte geplant?
Deister: Bislang sind keine geplant, wobei man dazu sagen muss, dass diese Planung nicht vom Kreisverband selbst durchgeführt wird. Es gibt ein landesweites Gutachten, das die Einhaltung der Hilfsfrist [=Zeit zwischen Beginn des Notrufs in der Leitstelle und Eintreffen des Rettungsfahrzeuges, Anm. d. Red.] analysiert und auf dieser Basis werden dann Entscheidungen über weitere Standorte getroffen. Wir können sagen, dass wir in unserem eigenen Rettungsbereich eine gute Quote bei der Erfüllung der Hilfsfrist erreichen. Bezüglich Lauda-Königshofen sind wir in Absprachen mit dem Kreisverband Tauberbischofsheim bezüglich der Bereitstellung von Fahrzeugen und Personal, wobei wir vor allem bei Letzterem Probleme sehen.
Personal ist ein gutes Stichwort. Wie ist die Personalsituation im Kreisverband Bad Mergentheim?
Deister: Wir haben insgesamt 140 Mitarbeiter, von denen allerdings viele nur in Teilzeit arbeiten. 80 Personen sind hauptamtlich hier beschäftigt, davon 71 im Rettungsdienst. Wir könnten mehr Personal gebrauchen, aber der Markt ist leer und es kommen kaum noch Bewerbungen rein.
Drohen Auswirkungen auf den Rettungsdienst, beispielsweise in Form von wegfallenden Schichten?
Deister: Wir versuchen, die Ausfälle so gering wie möglich zu halten. Der Mangel macht sich aber bemerkbar, auch wenn bislang keine Einschränkungen dieser Art geplant sind.
Welche Schritte unternehmen Sie, um den Personalmangel zu bekämpfen?
Deister: Ein Weg ist sicherlich die verstärkte Ausbildung. Wir haben derzeit drei Auszubildende und übernehmen diese auch gerne nach ihrer Ausbildung. Das ist ziemlich erfolgreich, weil Auszubildende hier oft ihre Berufung finden und gerne bleiben. Ein weiteres Mittel hierfür wie auch für das allgemeine Ziel, den Kreisverband bekannter zu machen, ist ein Fokus auf Außendarstellung gerade in den sozialen Netzwerken. Das lief in der Vergangenheit eher nebenbei durch Sachbearbeiter mit anderen Aufgaben. Zukünftig wird ein neuer Mitarbeiter sich nur mit der Professionalisierung unserer Öffentlichkeitsarbeit befassen und so die Sichtbarkeit des Kreisverbandes erhöhen. Gerade auch für den Sozialdienst, der so ein bisschen im Schatten des Rettungsdienstes steht.
Neue Wege geht das DRK auch baulich. In Weikersheim wird der Kreisverband als Bauherr und Vermieter tätig.
Deister: Die angespannte Lage auf dem Wohnungsmarkt mit dem speziellen Fokus auf soziale Berufe, wo die Bezahlbarkeit ein wichtiges Kriterium ist, veranlasste uns zu diesem Schritt, auch als mögliches Mittel der Personalgewinnung. Bis Ende 2024 soll das Objekt fertig sein, wir sind gespannt. Sofern sich die finanziellen Rahmenbedingungen zum Bauen wieder verbessern und wir gute Erfahrungen machen, könnte das Projekt in Weikersheim auch der Auftakt für mehr sein.
Wo sehen Sie den Kreisverband in drei Jahren, was möchten Sie bis dahin erreichen?
Deister: Ich möchte in drei Jahren eine ordentlich aufgestellte Mannschaft, die das DRK-Logo mit Stolz trägt. Der Kreisverband soll ein Mittelpunkt der Gesellschaft sein, der für seine Hilfe den Mitmenschen gegenüber bekannt ist.